Generationen gut unter einem Dach
In keiner anderen Bevölkerungsschicht sind Leben und Arbeiten von mehreren Generationen so eng verflochten wie bei den Bauern. Das Leben in einer Großfamilie birgt viele schöne Seiten, kann aber auch herausfordernd und manchmal konfliktreich sein.
Auf Bauernhöfen ist es wie in anderen Familienbetrieben auch: wenn zwei grundverschiedene Systeme wie das Arbeitssystem und das Familiensystem so eng miteinander verstrickt sind, dann kann dies zu einer sehr explosive Mischung führen. Verschärfend kommt im Bäuerlichen hinzu, dass nicht nur das Arbeits- und Familiensystem aufeinanderprallen, sondern durch den gemeinsamen Wohn- und Lebensraum kaum Rückzugsmöglichkeiten gegeben sind. Viele Generationenkonflikte in Familienbetrieben resultieren aus dieser Vermischung der Systeme.
Ein Arbeitssystem braucht zum Beispiel Führung, also jemand der verantwortlich ist: einen Chef und/oder eine Chefin. In einem Familiensystem sind die Mitglieder jedoch mehr oder weniger gleichrangig. Trotzt nun der Sohn dem Vater oder der Mitarbeiter dem Chef? Kritisiert die Chefin die Mitarbeiterin oder die Schwiegermutter die Schwiegertochter? Allein die zwei Beispiele zeigen schon sehr deutlich wie schnell familiäres in die Arbeit überschwappt oder wie leicht klassische Arbeitsthemen gravierende Auswirkungen aufs familiäre Zusammenleben haben können.
Manche Bauern und Bäuerinnen sehen den Betrieb sehr aus der „familiären Brille“ – dabei würde ein unternehmerischer Blick oft gut tun.
Das heißt: klar geregelte Verantwortlichkeiten und Verantwortungsbereiche für alle die am Hof mitarbeiten. Eine Absprache in welchem Ausmaß Familienmitglieder mitarbeiten; wann Arbeitszeit beginnt, wann Rufbereitschaft erforderlich ist und wann Freizeit möglich ist. Für ein gutes Miteinander der Generationen ist es unumgänglich Rückzugsbereiche und Privatsphäre, zB. durch getrennte Wohnbereiche, zu schaffen. Regelmäßige gemeinsame Fixpunkte, wie etwa ein wöchentliches Familien-Frühstück, verbinden und könnten als eine Art Dienstbesprechung genutzt werden.
Wichtig: darüber reden
Konflikte sind etwas Normales und kein Grund sich zu schämen. In jeder Familie gibt es verschiedene Wünsche, Bedürfnisse und Wertvorstellungen, die unter einen Hut zu bringen sind. Damit sich diese Unterschiede nicht zu einem handfesten Problem auswachsen, müssen sie auf den Tisch. Es ist wichtig, darüber zu reden und klare Vereinbarungen zu treffen. Zum Beispiel über die Rollenverteilung am Hof, definierte Verantwortungsbereiche, aber auch Freiräume für einzelne Familienmitglieder. Veränderung als Chance
Vor allem Veränderungssituationen erfordern das bewusste gemeinsame Aufstellen von – möglicherweise neuen – „Spielregeln„. Dazu zählen Ereignisse wie Hofübernahme und Einheirat, aber auch Familienvergrößerung durch weiteren Nachwuchs oder Krisensituationen wie etwa bei Erkrankungen. Weil solche Phasen an und für sich schon potenzielle Reibungsflächen mit sich bringen, ist hier der rechtzeitige Austausch darüber, wie die Positionen künftig verteilt werden und der Alltag am besten zu gestalten ist, besonders ratsam.
Zudem sind für eine harmonische Partnerschaft und den Familienfrieden getrennte Wohnbereiche und Rückzugsmöglichkeiten für die Ehepaare unverzichtbar.
Gegenseitige Wertschätzung
Ein großes Manko ist vielfach, dass gegenseitige Wertschätzung zu wenig gezeigt und ausgesprochen wird. Allein schon ein Bitte und ein Danke für geleistete Hilfe, wie es außerhalb der Familie üblich ist, würde in einem Familiensystem oft schon viel Gutes bewirken.
Tipps für ein gutes Miteinander
- Respekt: einander annehmen und achten, wie man ist
- Einmischung vermeiden
- Toleranz für andere Ansichten und Wertvorstellungen
- Freundliche und wertschätzende Umgangsformen
- Ausgleich: Balance halten zwischen Geben und Nehmen, auch einmal Danke sagen
- Freiräume und Rückzugsmöglichkeiten für alle schaffen
- Rituale: Gemeinsames Feiern und Gestalten von besonderen Tagen und Ereignissen stärken das Zusammengehörigkeitsgefühl