Nur noch kurz die Welt retten…
Ich bin oft beeindruckt, wie es junge Frauen am Hof schaffen, die vielen (neuen) Rollen unter einen Hut zu bringen. Das kann ganz anständig an einem zerren!
Heute möchten wir zum diesem Thema eine junge Bäuerin und Vermieterin zu Wort kommen lassen.
Zwischen „Kellerumbau, krank sein und dem Haus voller Gäste“ hat uns Bettina aus Neustift ihre Gedanken zukommen lassen:
Das Lied von Tim Bendzko („Nur noch kurz die Welt retten“) hat mich so zum Nachdenken gebracht. Und ich habe mir die große Frage gestellt: Wie soll denn ich als Mutter, Vermieterin und Bäuerin die Welt retten?
Muss nur noch kurz die Welt, retten
Danach flieg‘ ich zu dir.
Noch 148 Mails, checken
Wer weiß was mir dann noch passiert denn es passiert so viel
Muss nur noch kurz die Welt, retten
Und gleich danach bin ich wieder bei dir.
(Zum Reinhören: https://www.youtube.com/watch?v=4BAKb2p450Q)
Viele Ableitungen vom Lied entdecke ich in meinem Leben wieder. 148 Mails checken und alle an einem Tag, neben all den anderen Arbeiten rund um Familie, Haus und Hof… das ist eine Aufgabe, die ich manchmal nicht so einfach zu meistern weiß!
Vor drei Jahren haben wir die Totalsanierung unseres Bauernhofes abgeschlossen und seither vermieten wir Zimmer mit Frühstück und eine Ferienwohnung an Urlaubsgäste. Mein Mann, Franz, hat einen volle Beschäftigung als Elektriker und die Landwirtschaft führen wir im Nebenerwerb. Seither haben sich in meinem Leben viele Dinge geändert. Neue Strukturen, neue Kontakte, neue Gegebenheiten rund um mein „Ich“ stellen mich oft auf die Probe. Wie weit kann ich gehen? Wo sind meine Grenzen?
Viel Kritik wurde von außen an meinen Mann und mich herangetragen, aber auch aus den eigenen Reihen spürten wir den Gegenwind. Schaffen wir es? Oder nicht?
Unser Erfolgsrezept ist die Ehrlichkeit. Unser Betrieb spiegelt uns wider – von der Vermietung über die Landwirtschaft bis hin zur Gästezimmereinrichtung. Die Außenbereiche und die erlebbare Landwirtschaft sollen auch für die Gäste so echt sein, wie wir es uns selbst erwarten würden. Im Stall Schafe zu halten, wenn wir Schafe nicht mögen ist nicht authentisch. Billigwurst am Frühstücksbuffet zu haben, die wir selbst nicht essen würden, ist für uns ein absolutes No-Go.
Natürlich bekommen wir noch oft Kritik, aber diese Kritik sehen wir als Chance zu lernen. Wir haben keine Angst, die Wahrheit zu sagen und vor allem die Wahrheit zu zeigen. Unsere Kühe halten wir in Anbindehaltung, na und? Kommt doch vorbei und überzeugt euch, dass es ihnen gut geht! Wir geben euch gerne einen Einblick in unsere Arbeit, in unser Leben und zeigen euch auch unsere Stärken.
Eine Stärke von mir ist das bäuerliche Frühstücksbuffet. Dank meiner Erwerbsarbeit mit den bäuerlichen Direktvermarktungsbetrieben, konnte ich wertvolle Erfahrungen im Lebensmittelbereich sammeln und bin dadurch auch sehr heikel geworden. Heikel in Bezug auf die Qualität. Besonders in diesem sensiblen Bereich darf die Ehrlichkeit nicht fehlen. Wir Bauern und Bäuerinnen produzieren in Tirol so hervorragende Lebensmitteln und die sollten wir ohne Genier herzeigen.
PS: Bei meinem Frühstücksbuffet gibt es fast ausschließlich Tiroler und österreichische Lebensmittel und einiges sogar von unserem Hof. Orangensaft brauchen wir hier nicht. Wir haben so eine schöne Auswahl an Lebensmitteln in Tirol, dass wir unser Frühstücksbuffet sehr vielfältig und qualitativ hochwertig befüllen können. Ganz ohne Tomaten oder Orangensaft aus Spanien!
Nicht von heute auf morgen habe ich mein Buffet umgestellt, es ist gewachsen. Und es ist gelungen. Darauf bin ich stolz und das ist meine Art, die Welt in kleinen Schritten zu retten!
Josef Neuhauser
12. April 2019
Ich den Beitrag von Bettina aus Neustift gelesen, und ich gratuliere ihr – zu ihrem Frühstücksbuffet und zu ihrer Einstellung